Blühpakt Bayern
Hintergründe
Durch die Zerschneidung und Zerstückelung von Lebensräumen, Anlegen großer Monokulturen in Forst- und Landwirtschaft, Einsatz von Pestiziden, Düngeeinträge in die Landschaft (vor allem große Mengen an Stickstoff, Phosphor, Schwermetalle und Arzneistoffe), Überbauung durch Infrastruktur und Siedlung („Flächenverbrauch“), nicht heimischer und aggressiver Tier- und Pflanzenarten (Invasoren) und Folgen des Klimawandels (Trockenstress, Zunahme der Starkregenereignisse und Stürme) gibt es auch in Bayern einen erschreckend hohen Artenschwund von Flora und Fauna. Besonders deutlich wird dies in der Gruppe der Insekten (Klasse: Insecta). In Südostbayern gibt es Befunde nach denen gebietsweise nur noch 5 Prozent der Insekten im Vergleich zum Anfang der 1970er Jahre registriert werden (Das Verschwinden der Schmetterlinge). Zunehmend dramatisch ist die beispiellose Beschleunigung des Verlustes biologischer Vielfalt. So gingen in nur 30 Jahren (von 1971 bis 2000) in Bayern „mehr Schmetterlingsarten verloren (226 Arten) als in den vorausgegangenen 200 Jahren zusammengenommen (191 Arten). „Artbestände und Biomasse unserer Insekten sind im freien Fall, selbst Allerweltsarten bleiben davon nicht verschont“ (Dr. Andreas H. Segerer). Auch Wildbienen sind von dem Artenschwund nicht verschont. In Bayern finden sich 90 Prozent aller Wildbienenarten Deutschlands. Von Bayerns gut 500 Arten sind 54 Prozent gefährdet und sind auf der Liste der vom Bestand bedrohten Arten aufgelistet (Rote Liste).
Gesellschaftliches Bündnis stärken
Um diesen Entwicklungen entgegen zu wirken will ein breites gesellschaftliches Bündnis von Partnern aus Umwelt- und Naturschutz, Verwaltung und Politik etwas ändern. Bayern soll wieder blühen, um Insekten und vielen andern Tieren wieder mehr Nahrung und Lebensräume zu bieten. Das Gemeinschaftsprojekt „Blühpakt Bayern“ hat mittlerweile 2.400 Mitglieder und engagiert sich in unterschiedlichen Bereichen. Finanziert und koordiniert wird das Bündnis vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Der „Blühpakt Bayern“ folgt den Zielvorgaben des „Biodiversitätsprogramms Bayern 2030“. Über die Stadt- und Landbevölkerung, Wissenschaft, Naturexperten bis zur Wirtschaft soll eine Vielzahl von Akteuren und Interessensgruppen eingebunden werden. Besonders wichtig ist dabei auch die Landwirtschaft. Alle sollen gemeinsam an einem Strang ziehen. Ansprechpartner, Koordinator und Impulsgeber für neue Ideen ist der bayernweit aktive Blühpakt-Manager Dr. Stephan Niederleitner. Der promovierte Agrarwissenschaftler war lange Zeit als Referent für Marketing und Pflanzenschutz an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau tätig.
Die Vorhaben gliedern sich in mehrere Bereiche, die in der Stadt und auf dem Land wirksam werden sollen.
Landesweite Initiative "natürlich Bayern"
So sollen zum Beispiel insektenfreundliche Maßnahmen in Kommunen und Städten vorangebracht werden. Dazu gehören vor allem naturnahe Wiederbelebung von öffentlichen Flächen, welche mit 3 Millionen Euro realisiert werden sollen. Die neuen Flächen mit Nahrungsquellen für Bienen und andere Insekten werden in den kommenden fünf Jahren in Kooperation mit den Landschaftspflegeverbänden umgesetzt.
In der Landwirtschaft
Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen Bayerns sollen bis zum Jahr 2019 bis zu 100.000 Hektar nach den Vorgaben des Vertragsnaturschutzes bewirtschaftet werden. Diese Anstrengungen werden mit 10 Millionen Euro gefördert. Bis zum Jahr 2030 sollen es dann 200.000 Hektar werden. Das entspricht 6,5 Prozent der agrarisch genutzten Fläche Bayerns.
Die Landwirte wenden hierbei - auf freiwilliger Basis - natur- und umweltverträgliche, landwirtschaftliche Arbeitsmethoden an, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Der Vertragsnaturschutz sieht vor, bestimmte Nutzungsformen oder Pflegearbeiten auf landwirtschaftlichen Flächen umzusetzen. Dazu gehören:
- tierschonendes Mähen von Wiesen
- Mahd zu bestimmten Zeitpunkten
- Anlage von Ackerrandstreifen
- Umwandlung von Acker in extensives Grünland
- Streuobst- und Heckenpflege
Wettbewerb "Blühender Betrieb"
Dieser Wettbewerb soll landwirtschaftliche Betriebe motivieren, ein blühendes Netzwerk in ganz Bayern zu stärken. Die Mindestkriterien, um sich als Betrieb einzubringen, sind:
- mindestens 20 Prozent der Freiflächen mit naturnaher Gestaltung der Außenanlagen mit bienenfreundlichen Stauden, Hecken oder Blumenwiesen
- Verzicht auf chemische, synthetische Pflanzenschutzmittel
- Bereiche der Blühflächen bleiben über den Winter ungemäht stehen
- Kein Einsatz torfhaltiger Substrate
Weitere Maßnahmen sind breite Infokampagnen für die Bevölkerung um mit Hilfe von Umweltbildungsmaßnahmen weiter für das Thema zu sensibilisieren und Insektenfreundliche Umfelder im Garten und auf dem Balkon zu schaffen. Zudem werden Nisthilfen innerhalb des Behördennetzwerkes aufgestellt. Das „Silphie-Projekt“ in Oberfranken und „Blühendes Schönberg“ sind weitere Bausteine im ambitionierten Blühpakt Bayern.
Hier finden Sie einen Auszug gefährdeter Gefäßpflanzen Bayerns und ihre pollensammelnden Wildbienen.