Gefährdung und Artenschutz

Wir haben einen Artenschwund zu beklagen. Wir nennen die Gründe und zeigen, welche Regelungen es zum Schutz von Tieren und Pflanzen gibt. Auch Beispiele, die versuchen, den Artenschutz für Bienen und andere Insekten zu stärken, wertschätzen wir.

Was bedroht die Arten?

Versiegelte Fläche
Auf versiegelten Flächen ist kaum Raum für biologische Vielfalt © matchka/pixelio

Das Artensterben hat viele Gründe. Wir verlieren zu viele Flächen, die bebaut werden oder die Landschaft zerschneiden. Wir verschmutzen die Umwelt und auch der Klimawandel trägt zum Artensterben bei.

Oft gehen wir unachtsam und rücksichtslos mit sensiblen Räumen um, selbst wenn sie unter Naturschutz stehen, wie die Zerstörung der Brutplätze von Malven-Langhornbienen im November 2017 zeigt. Und in unseren Parks und Gärten mähen wir allzu oft und räumen penibel auf. Nicht nur dort finden sich invasive Arten ein, die die heimischen verdrängen. Flächenverluste durch Bebauung und Versiegelung tragen ebenfalls zur Verminderung der Nistflächen und des Nahrungsangebots – zum Beispiel für Bienen – bei.

Auch diese Faktoren tragen zum Artensterben bei:

Beleuchtung
Nachtiaktiv: Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpina)
Nachtaktiv: Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpina) © Albert Krebs, CC BY-SA 4.0

Wer hat es schon nicht erlebt: In einer Spätsommernacht gehen die Straßenlaternen an und kurz darauf wimmelt es nur so vor nachtaktiven Insekten. Sie fühlen sich vom Licht angezogen. Warum das so ist, hat die Forschung bisher noch nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise spielt die Orientierung der Insekten eine Rolle. Denn hierzu nutzen sie leuchtende Himmelskörper (Mond und Sterne).

Die zahlreichen künstlichen Lichtquellen treten nun dazwischen und sind erheblich näher an den Insekten. Der Theorie zufolge wollen die Insekten einen bestimmten Winkel zur Lichtquelle einhalten. Das hat zur Folge, dass sie sich der irdischen Lichtquelle immer weiter nähern. Und dann? Viele Nachtfalter & Co. fallen der Beleuchtung dann leider zum Opfer. Mehr dazu erfahren Sie auch in diesem Geo-Artikel.

Passende Beleuchtung zum Schutz der Natur

Straßenlaternen locken Insekten an
Straßenlaternen spielen auch im Artenschutz eine Rolle. © Alessandro Lucca/shutterstock.com

Künstliche Beleuchtung kann zum Artensterben beitragen. Was also tun, um die Insekten zu schützen? Die gute Nachricht ist: Es gibt in Sachen Beleuchtung gleich mehrere Optionen.

Idealerweise verzichten wir auf künstliches Licht. Wenn das nicht möglich ist, hilft eine reduzierte Lichtmenge und Leuchtdauer. Auch die Konstruktion der Lampe kann für Insekten optimiert werden. Empfehlenswert sind Lampen, bei denen das Licht nicht in alle Richtungen strahlt. Und auch die Lichtfarbe hat einen Einfluss. Insekten fühlen sich von Licht mit hohen Ultraviolett- und Blauanteilen stark angezogen. Werden diese Anteile minimiert, trägt dies ebenfalls zum Schutz der Tiere bei.

Details erfahren Sie im Beitrag „Was ist insektenfreundliche Beleuchtung?“ von Dr. Andreas Hänel, Fachgruppe Dark Sky, und Sabine Frank, Sternenpark Rhön.

Lampen im Vergleich:

links: warmweiße Kompaktleuchtstofflampe; rechts: neutralweiße Lampe

Landwirtschaft und Artenschwund
Grafik: Umwelt und Landwirtschaft
© Umweltbundesamt / Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft / Statistisches Bundesamt

Dass die Landwirtschaft einen großen Einfluss auf den Artenschwund in Deutschland hat, leuchtet ein: Etwa die Hälfte der Landesfläche nutzen wir landwirtschaftlich! Dabei haben die Bäuerinnen und Bauern früher viel zum Artenschutz in Deutschland beigetragen: Blühende Feldraine, bunte Wiesen und eine Artenvielfalt an Insekten und Vögeln im Offenland hätte es ohne die Landwirtschaft nicht gegeben. 

Landwirtschaft heute

Einige Zahlen zur Landwirtschaft in Deutschland heute:

  • Es gibt etwa 263.000 Betriebe.
  • Knapp 10 % der Fläche wird (von etwa 26.000 Betrieben) ökologisch bewirtschaftet – bis 2030 sollen es 20 % sein.
  • Die Landwirtschaft erzeugt Nahrungs-, Futtermittel und nachwachsende Rohstoffe.
  • 1910 hat ein Landwirt etwa 10 Menschen versorgt, heute sind es laut Bauernverband 140 Menschen, Tendenz steigend.
60% des weltweit angebauten Mais werden verfüttert. Allein in Deutschland sind es 2,5 Mio. ha nur für Mais, Foto: Spedona / CC BY-SA 3.0

Welche Probleme verursacht die Landwirtschaft?

Eine Reihe von Ursachen machen die heutige Form der Landwirtschaft zu einem Problem für den Naturschutz. Dazu gehören:

  • Überdüngung beziehungsweise erhöhter Stickstoffeintrag
  • Landnutzung
  • Leerräumen von Feldrändern
  • Einsatz von Pestiziden
  • Umbruch oder häufige Mahd von Grünland
  • Entwässerung, Moornutzung
  • Ausstoß von klimawirksamen Treibhausgasen durch Tierhaltung
  • Ausräumen der Landschaft
  • Bodenverdichtung, Erosion

Quelle: Umweltbundesamt (Stand 16.12.2021)

Hinzu kommt der steigende Anbau von Energiepflanzen wie Mais, der aus Sicht des Naturschutzes keine Vorteile bringt. Alternativen wie die Nutzung von Blühpflanzen werden gerade erprobt und eingesetzt, wie das Beispiel der Stadtwerke Nürtingen zeigt.

Als Grund für den Artenschwund sehen wir zudem den Einsatz von Pestiziden.

Pestizide als Grund für das Artensterben
Gängige Praxis in der konventionellen Landwirtschaft: großflächige Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, Foto: Erich Westendarp / pixelio.de

Glyphosat, Neonicotinoide und Co: Viele Pestizide tragen ihren Anteil zum Artensterben bei.

Glyphosat

Der meistdiskutierte Wirkstoff ist sicherlich Glyphosat. Kein Wunder, ist der Wirkstoff das am meisten verwendete Pestizid weltweit. Die Substanz ist der Wirkstoff des Totalherbizids Roundup, das vom US-Konzern Monsanto Anfang der 1970er Jahre entwickelt wurde.

Heutzutage ist es das meistverkaufte Pflanzenschutzmittel der Welt. Genverändertes Saatgut von Baumwolle, Mais, Soja und Raps besitzt eine Resistenz gegenüber der toxischen Wirkung von Glyphosat. Aufgrund seiner postulierten möglichen Gesundheitsrisiken für den Menschen und der Schadwirkung auf die Artenvielfalt steht es im Fokus der Diskussion zum Einsatz von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft.

Glyphosat hat noch eine EU-Zulassung bis 2022, doch was kommt danach? Befürworter argumentieren, dass Glyphosat immerhin das am besten erforschte Mittel sei und Produkte, die folgen können, noch unwägbarere Risiken mit sich bringen.

Folgerichtig ist daher das Ziel der EU, 25% der Anbaufläche bis 2030 auf Bio-Anbau umzustellen.

Außerhalb der landwirtschaftlich genutzten Flächen ist der Verkauf von Glyphosat in der EU inzwischen verboten. Auch die Deutsche Bahn, die 2020 noch 1,3 Tonnen Herbizide verspritzt hat, möchte 2023 aus der Nutzung von Glyphosat aussteigen.

Neonicotinoide

Während Glyphosat als Herbizid direkt auf Pflanzen wirkt und so in erster Linie indirekte Auswirkungen auf Insekten hat, gehören die Neonicotinoide zu den Insektiziden. Ihre Aufgabe ist, Insekten zu töten – und sie sind hochwirksam dabei. Zwar sind in der EU drei Neonicotinoide im Freiland inzwischen verboten, doch können Ausnahmeregelungen, wie es sie Ende 2020 beim Anbau von Zuckerrüben gegeben hat, starke Folgen für den Artenschutz haben.

Wir schließen uns daher im Sinne des Schutzes von Tieren und Pflanzen der Forderung an, Neonicotinoide komplett zu verbieten.

Matthias Süßen, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Immer wieder wird kritisiert, dass Verträglichkeitsprüfungen bei der Zulassung von Pestiziden unzureichend sind. So fehlen beispielsweise noch immer Untersuchungen zu den Wechselwirkungen einzelner Pestizide.   

Auch finden sich die Wirkstoffe auch weit außerhalb der Gebiete, in denen sie ausgebracht worden sind. So sind auch in Naturschutzgebieten in Deutschland 47 verschiedene Pestizide nachgewiesen worden.  

Der 2022 erschienene Pestizidatlas der Heinrich-Böll-Stiftung gibt einen Überblick zum Einsatz von Pestiziden weltweit. Hier kostenlos abrufen.

Übrigens: Deutschlandweit verzichten 550 Städte inzwischen freiwillig auf Pestizide! 

Weitere Literatur:
Die Gemeinsame Agrarpolitik

Untersuchung zu Pestiziden in Naturschutzgebieten

Diese Bemühungen und Maßnahmen zum Artenschutz gibt es

BMU-Aktionsprogramm zum Insektenschutz

Das Bundeskabinett hat 2019 das Aktionsprogramm Insektenschutzbeschlossen. Als Sofortmaßnahme wird die Bundesregierung einhundert Millionen Euro pro Jahr für den Insektenschutz zur Verfügung stellen. In neun Handlungsbereichen sollen alle wesentlichen Ursachen des Insektensterbens adressiert werden. 

Der Artenschutz betrifft auch Insekten.
In Deutschland sind 33.000 Insektenarten nachgewiesen – davon werden knapp 7.800 Arten in der bundesweiten Roten Liste aufgeführt. © Albert Krebs, © NikolayST, © Karl Heinz Niehus, © Albert Krebs, © Gilles San Martin © Albert Krebs

Das Aktionsprogramm soll dazu beitragen, bestehende Wissenslücken beim Insektensterben zu schließen und ein bundesweit einheitliches Insektenmonitoring einzuführen.

Maßnahmen, um dem Artenschwund entgegenzuwirken:

  • Insekten-Lebensräume wie Streuobstwiesen oder artenreiches Grünland gesetzlich schützen 
  • besonders schädliche Pestizide in einem Großteil der Schutzgebiete und an Gewässerrändern verbieten 
  • Insektenschutz und die Insektenforschung mit 100 Mio € pro Jahr fördern 
  • aus der Nutzung von Glyphosat im Jahr 2023 rechtsverbindlich aussteigen, bis dahin die Nutzung deutlich reduzieren 
  • Lebensräume für Insekten auf dem Land und in der Stadt wiederherstellen 
  • Lichtverschmutzung reduzieren 

Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Insekt auf Blüte
Neben Tieren und Pflanzen müssen auch Lebensräume geschützt werden, Foto: André Karwath aka Aka / CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons

Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt unterstützt seit Anfang 2011 die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt.

Gefördert werden Vorhaben, denen im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt eine gesamtstaatlich repräsentative Bedeutung zukommt. Oder wenn es Vorhaben sind, die diese Strategie in besonders beispielhafter und maßstabsetzender Weise umsetzen.

An der Durchführung der Vorhaben muss ein erhebliches Bundesinteresse bestehen. Die geförderten Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Rückgang der biologischen Vielfalt in Deutschland zu stoppen und mittel- bis langfristig in einen positiven Trend umzukehren. Sie müssen dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung sowie der Entwicklung der biologischen Vielfalt dienen und über die rechtlich geforderten Standards hinausgehen.

Akzeptanzbildende Maßnahmen der Information und Kommunikation sollen dazu beitragen, das gesellschaftliche Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu stärken. Das Programm soll die Kooperation unterschiedlicher Akteure bei der Umsetzung der Ziele der Nationalen Strategie fördern.

Im Rahmen der Förderung gibt es auch Projekte, die sich gezielt der Bewahrung und Förderung von Stadtnatur widmen. Beispiele proaktiven Artenschutzes sind das Projekt Treffpunkt Vielfalt – Naturnahe Gestaltung und Pflege von Freiflächen in Wohnquartieren in Berlin, Bonn, Dortmund, Erfurt, Remscheid und Speyer oder das Projekt Städte wagen Wildnis in Dessau-Rosslau, Frankfurt am Main und Hannover.

Weitere spannende Projekte finde Sie auf der Seite vom Bundesamt für Naturschutz.

Weitere Aktionen gegen das Insektensterben

Insektenschutzsymposium, Stuttgart

Auf dem internationalen Insektenschutzsymposium am Naturkundemuseum Stuttgart im Jahr 2018 wurde ein Maßnahmenplan zur Bekämpfung des Insektensterbens erstellt. Dieser sieht 9 wesentliche Handlungsfelder vor:

Grafik: SMU

FWF – Der Wissenschaftsfonds

Nicht nur die Bienen, sondern die gesamte biologische Vielfalt ist insbesondere in Agrarlandschaften stark bedroht. Der österreichische Wissenschaftsfonds FWF will nun grundlegende Erkenntnisse liefern, um dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken und Ökosysteme in Agrarlandschaften zu erhalten (mehr dazu im Portal UmweltDialog).

Volksbegehren gegen den Artenschwund

Wiesen spielen eine entscheidende Rolle beim Artenschutz.
Wiesen spielen eine entscheidende Rolle beim Artenschutz. © SMU/Markus Schmidt

In einigen Bundesländern haben sich Initiativen für den Artenschutz gebildet, die in Volksbegehren überführt worden sind. Den Anfang hat Bayern gemacht: Das Volksbegehren Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern unter dem Motto Rettet die Bienenwar erfolgreich!

Eckdaten:

  • Sinn & Zweck Volksbegehren Bayern: Gesetzentwurf in Bayerischen Landtag bringen; Verlust von Tier- und Pflanzenarten entgegenwirken 
  • Initiator: Ökologisch-Demokratische Partei Bayern (ÖDP) 
  • Trägerkreis des Volksbegehrens: 
    • Ökologisch-Demokratische Partei Bayern (ÖDP) 
    • LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) 
    • Bündnis 90/Die Grünen Bayern 
    • Gregor Louisoder Umweltstiftung 
  • Start Kampagne/Volksbegehren: 18.05.2018 
  • Durchführung Volksbegehren: 31.01–13.02.2019 
  • Beteiligung (Eintragung in Liste): über 1.7 Millionen Bürgerinnen und Bürger
  • Annahme Gesetzesentwurf: 03.04.2019 
  • Änderung des Gesetzes in Kraft: 01.08.2019
  • Mit Volksbegehren unter anderem folgende Änderungen erreicht: 
    • Gewässerrandstreifen und Biotopverbund: Gewässerrandstreifen einrichten; diese können zudem für Biotopverbund genutzt werden; unter anderem werden 50 Biodiversitätsberater und 50 Wildlebensraumberater eingestellt 
    • Blühende Wiesen und artenreiches Grünland: noch mehr Wiesen sollen nach dem 15. Juni gemäht werden (anstatt 5% nun 10%); arten- und strukturreiches Grünland stehen unter Biotopschutz 
    • Streuobstwiesen: stehen nun unter Biotopschutz 
    • Ökolandwirtschaft: soll bis 2030 erhöht werden (von 10% auf 30%) 
    • Transparenz und Ausbildung: Ausbildungspläne sollen so gestaltet sein, dass Ziele und Aufgaben von Naturschutz und Landschaftspflege mitbedacht werden 

Nachfolger: 

      • Volksbegehren in Baden-Württemberg: 22.07.2020; Erlass von neuem Gesetz für mehr Artenschutz
      • Volksbegehren in Niedersachsen: 10.11.2020; Beschluss Gesetzesänderung, „Niedersächsischer Weg“
      • Zwei Volksinitiativen in Brandenburg: Oktober 2021; Gesetzentwurf wird in den Ausschüssen des Landtages weiter verhandelt
      • Volksinitiative in Nordrhein-Westfalen: Am 25. November 2021 lehnte die schwarz-gelbe Landesregierung die Volksinitiative ab.

Quellen:

LBV-Beitrag „Ein historischer Erfolg für den Naturschutz“
LBV-Beitrag „Volksbegehren Artenvielfalt“
NABU-Brandenburg-Beitrag „Artenvielfalt retten - Zukunft sichern“
Niedersachsen-Beitrag „Was ist der "Niedersächsische Weg"?“
Website zum Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“
Website zur „Volksinitiative Artenvielfalt“
Wikipedia-Artikel zu Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“

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